Ausstellungsdauer: 20.3.–18.4.2010
Begrüßung: Werner Schaub
Einführung: Dr. Christmut Präger
www.heidelberger-forum-fuer-kunst.de
Ralph Künzler im HEIDELBERGER FORUM FÜR KUNST, Heiliggeiststr. 21, 69117 Heidelberg
Ralph Künzler, *1960 in Mannheim, lebt in Stuttgart. Er wohnte von 1972-79 in Heidelberg. Für die Ausstellung in den Räumen des BBK Heidelberg/Heidelberger Forum Für Kunst hat er mehrere wand- und 2 raumbezogene Installationen sowie die Bildserie HD-images neu konzipiert. In beiden Werkgruppen bezieht er den Besucher partizipatorisch in das Werk mit ein.
In HD-images lädt er als „Stadtführer“ zu einer Wanderung zu 6 touristisch markanten oder weniger bedeutsamen Schauplätzen Heidelbergs ein. Reiseziele sind u.a. der Philosophenweg, die Ernst-Walz-Brücke und der Emmertsgrund. Begleitet von Bildern der eigenen Erinnerung hat er aktuelle Bilder dieser Orte aus fremden Beschreibungen im Internet recherchiert, die ihm jetzt als Ausgangspunkt neu zu generierender Bilder dienen. Auch der Besucher kann diese gefundenen Bilder mit eigenen Bildern seiner Vorstellungswelt abgleichen. Als Projektionsfläche dienen leere, unbesetzte Rahmen, die der Betrachter gedanklich füllen kann. Die Orte haben genug Bild- und Textpotential zu individuellen Imaginationen. Der Betrachter ist somit nicht fixiert auf statische Einzelbilder, sondern begegnet sich im Idealfalle selbst wie in einem eigenen Film. Auf diesem Wege nimmt jeder aus dieser Ausstellung sein eigenes Bild mit.
Neben diesen gerahmten Leerstellen, als Rahmen finden von Künzler vom Astwerk befreite Stämme von Weihnachtsbäumen und beschnitzte Wanderstäbe aus Haselnusszweigen Verwendung, tauchen Vorhänge als Bildträger einzelner „Orte“ auf. Die Silhouette der Mustersiedlung „Emmertsgrund“ wird von einer von der Decke abgehängten Gardine großflächig bzw. wandfüllend abgeschnitten und dadurch markiert. Während der Rahmen Blick und Ausschnitt fokussiert und klarlegt verbergen Gardinen dahinter Liegendes. Sie verschleiern den Blick. Der Voyeur wird von beiden Seiten inspiriert und kommt gleichermaßen auf seine Kosten, oder eben auch nicht. Neugier und Abgrenzung gehen eine ungewollte Liaison ein. Ein ähnliches, manchem bekanntes Gefühl kann den Kunstliebhaber bei Ausstellungsbesuchen beschleichen, wenn die Neugier der Betrachtung durch den Aufsichtszwang des Personals rücklings ausgebremst wird. Künzler wird auch hier einen Vorhang ziehen.
Indem Künzler Material und Bildwelten recycelt zitiert er sozialisierte Verhaltensmuster. Der abgesägte Weihnachtsbaum, den er von den Sammelplätzen der Stadt reaktiviert hat, bezeugt ritualisierte Handlungen zwischen privater Glücksverheißung, klischeehaften Sachzwängen und sonstigen Automatismen.
Die Installation „Graswanger Modell“ reflektiert den Besuch einer Wildfütterung am Jahresende im verschneiten Alpenraum. Das Motiv ist auf der Rückseite der Einladungskarte zu sehen. Mit den Stämmen der „Triberger Fällung“, allesamt vom Triberger Weihnachtsmarkt übernommen (Motiv der Vorderseite!), fertigt Künzler eine solche Futtergrippe in Echtgröße. Auf einem Miniaturmonitor, der von der Decke in die Krippe abgehängt wird, sehen wir einen Dokumentarfilm über die Fütterung: von bezaubernder Stille, fern ab der Zivilisation, erfüllt von den Geräuschen ankommender und gehender Tiere und ihrem Mahl. Der Mensch erscheint außerhalb seiner von ihm kontrollierten Grenzen überflüssig und fremd. In einem unbekannten Land. Auch hier wird der Betrachter zum Betrachter. Er nimmt Platz auf einer designten Sitzgelegenheit, wie im Kino: die Weite des Raumes und damit die Entfernung zum Objekt bzw. den Tieren im Film wird suggeriert durch ein zur Verfügung gestelltes Fernglas, das er benötigt, um auf dem kleinen Monitor das Geschehen zu verfolgen. Er selbst kann an dem poesievollen Naturschauspiel als Ereignis nur passiv teilnehmen.
Ausgestellt wird auch die Sound-Installation „turning point“. Angeregt von der Rockgruppe Pink Floyd und ihrer legendären Platte ATOM HEART MOTHER (schwarz-buntes und braunes Fleckvieh zieren das Cover!) zerlegt Künzler auf der Fläche ein Kuhfell nach dem Vorbild des Logos „Vorsicht, atomare Strahlung“ in Mittelkreis und 3 kreisbegrenzte Arme. An deren Ende stehen 3 Designsessel der 60-ger Jahre in grellem Pop-Design. Das Label der Platte wird in den Mittelkreis - einer Tonsur vergleichbar - einrasiert. Mittelpunkt des „Plattentellers“ ist ein schwarzer Eishockeypuck. Wer möchte, der kann sich in gechilltem Ambiente per Köpfhörer den psychedelischen Klängen der Musik hingeben.
Zur Ausstellung erscheint eine Plakat- und Fotoedition sowie ein Katalogheft mit einem Text von Dr. Christmut Präger.
Bildergalerie "HD-images"
Bildergalerie "turning point"
Bildergalerie "emmertsgrund"
Bildergalerie "ernst-walz-brücke"
Bildergalerie "philosophen weg"
Bildergalerie "front office"
Bildergalerie "graswanger modell"
Bildergalerie "neuenheimer feld, wilhelmsfeld, wagenfeld"
Bildergalerie "storage"
Foto- und Plakatedition
Eindrücke der Eröffnung/Ausstellung